Die Bedeutung des Einzelnen

Das Märchen vom Kolibri
(nach Adriano Martins, Brasilien)

Es war einmal ein wunderschöner großer Fluss an dessen Ufern ein riesiger Wald stand. In diesem Wald lebten viele Tiere: Elefanten, Löwen, Affen und noch viele andere. Eines Tages brach ein Feuer aus. Die Tiere hatten Angst, dass ihre Wohnungen und Nistplätze zerstört werden könnten und waren verzweifelt. Nur ein kleiner Kolibri ließ den Kopf nicht hängen, sondern flog zum Fluss, holte einen Schnabel voll Wasser und ließ diesen kleinen Wassertropfen über dem brennenden Wald fallen. Die anderen großen Tieren lachten ihn aus: Was wollte dieser kleine Kerl schon ausrichten? Der Kolibri antwortete: „Ich leiste meinen Teil, nun seid ihr dran!“

Mir gefällt dieses Märchen um den kleinen Kolibri, der ob der Bedrohung durch den Waldbrand als Einziger nicht in Angst und Verzweiflung stecken bleibt, sondern das unmöglich Scheinende versucht. Als die anderen Tiere ihn deshalb auslachen, sagt er etwas sehr Wichtiges:

Ich leiste meinen Teil, nun seid ihr dran!“

Er geht mit gutem Beispiel voran und fordert die andern zum Handeln auf, wohl wissend, dass sein Tropfen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein bleiben würde, ohne die Hilfe und den Beitrag der anderen. Nur wenn jeder seinen Teil leistet, kann der Waldbrand vielleicht gestoppt werden. Viele Tropfen können zu einem Meer werden.

Dieses Märchen lässt sich sehr gut auch auf uns übertragen, denn ist es nicht so, dass auch wir angesichts der vielen Weltprobleme, wie z.B. Umweltzerstörung, Hungersnöte, Kriege, Krankheiten, Naturkatastrophen oder Armut, oftmals sind wie die Tiere und denken, wir könnten nichts tun? Wie gut, dass es da trotz allem immer wieder Menschen gibt, die wie der Kolibri mit gutem Beispiel vorangehen und das scheinbar Unmögliche versuchen und uns zeigen, dass jeder von uns etwas tun kann, scheint dieses manchmal auch noch so gering. Ein afrikanische Sprichwort lautet:

Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern

Viele kleine Schritte können das Gesicht der Welt positiv verändern. Wenn jeder von uns einen kleinen Schritt macht und seinen kleinen Tropfen beiträgt, ist Veränderung möglich.

Mein Glaube reicht nicht aus, um Atheist zu werden

Atheismus

Die Menschen – ob sie glauben oder nicht glauben – machen sich nicht all zu viele Gedanken über die Inhalte des Glaubens. In diesem Fall wird dann auch das Annehmen von Klischeewissen aus der Umgebung zu einer natürlichen Angelegenheit. Ansichten wie "Glaube und Wissenschaft sind zwei verschiedene Paar Schuhe, es gibt in der Religion keinen Platz für wissenschaftliche Angaben. Wenn wir eine Parallelität zwischen Wissenschaft und Glauben suchen, wozu brauchen wir dann noch den Glauben?" sind für diese Klischees Beispiele.

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Wer bin ich?

Wer bin ich?

Wer bin ich? Sie sagen mir oft,
ich träte aus meiner Zelle
gelassen und heiter und fest
wie ein Gutsherr aus seinem Schloss.
Wer bin ich? Sie sagen mir oft,
ich spräche mit meinen Bewachern
frei und freundlich und klar,
als hätte ich zu gebieten.

Wer bin ich? Sie sagen mir auch,
ich trüge die Tage des Unglücks
gleichmütig, lächelnd und stolz,
wie einer, der Siegen gewohnt ist.

Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen?
Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß?
Unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig,
ringend nach Lebensatem, als würgte mir einer die Kehle,
hungernd nach Farben, nach Blumen, nach Vogelstimmen,
dürstend nach guten Worten, nach menschlicher Nähe,
zitternd vor Zorn über Willkür und kleinlichste Kränkung,
umgetrieben vom Warten auf große Dinge,
ohnmächtig bangend um Freunde in endloser Ferne,
müde und leer zum Beten, zum Denken, zum Schaffen,
matt und bereit, von allem Abschied zu nehmen?

Wer bin ich? Der oder jener?
Bin ich denn heute dieser und morgen ein andrer?
Bin ich beides zugleich? Vor Menschen ein Heuchler
und vor mir selbst ein verächtlich wehleidiger Schwächling?
Oder gleicht, was in mir noch ist, dem geschlagenen Heer,
das in Unordnung weicht vor schon gewonnenem Sieg?

Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott.
Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!

~ Dietrich Bonhoeffer ~

Dieses Gedicht hatte Dietrich Bonhoeffer im 2. Weltkrieg, Juli 1944, während seiner Haft in einem Gefängnis in Berlin verfasst. Ich denke wir alle haben uns während unseres Lebens auch schon ein- oder mehrmals die Frage gestellt, wer wir wirklich sind.
Wer bin ich? Bin ich so, wie andere in mir sehen oder bin ich doch ganz anders?
Passt das, was ich nach außen hin darstelle wirklich zu dem, was in mir ist?
Gibt es überhaupt eine eindeutige Antwort auf die Frage, oder ist es vielmehr so, dass ich beides bin – so wie andere mich sehen und so wie ich mich sehe? Oder keines von beiden?
Können wir uns eigentlich wirklich selbst durchschauen?

Wer bin ich? – Diese Frage stellen wir uns wahrscheinlich am häufigsten in Krisenzeiten, wenn plötzlich alles anders ist, als zuvor oder geplant. Wir verlieren vielleicht unser Selbstvertrauen, beginnen an uns zu zweifeln und hinterfragen uns selbst. Häufig entdecken wir in solchen Zeiten Seiten an uns, die uns seither verborgen waren. Das können sowohl Stärken als auch Schwächen sein.

Sind wir so, wie andere uns sehen? – Es kommt sicher auch darauf an, wie gut uns die anderen kennen. Enge Freunde wissen eher, wie wir wirklich sind, als solche Menschen, die uns nur flüchtig kennen. Manchmal wissen sie  sogar besser als wir selbst, wer wir sind und was was in uns ist. Natürlich kann es auch sein, das sie ihre eigenen Gedanken in uns hineinlegen.

Vielleicht werden wir selbst nie wirklich genau wissen, wer wir sind, aber vielleicht müssen wir es auch nicht. Bonhoeffer schreibt am zum Schluss:

„Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!“

Gott weiß wer wir sind. Wo ich auch bin und was ich auch sage , denke oder mache, Gott kennt mich. Er weiß wer oder was ich bin. Er sieht in mein Innerstes, Ihm bleibt nichts verborgen. Auf Gott können wir vertrauen.

Demut

In unserer heutigen Zeit hat Demut leider sehr viel an Bedeutung verloren, da sie fälschlicherweise oft mit Demütigung, Unterdrückung und Selbsterniedrigung verbunden wird. In dem nachfolgenden Text möchte ich aufzeigen, dass dem nicht so ist, sondern Demut viel mehr mit Dankbarkeit, Mut und Befreiung zu tun hat und dass sie vor allem auch eine Geistes- und Lebenshaltung ist.

Albert Schweitzer bezeichnete die Demut einmal als „die Fähigkeit auch zu den kleinsten Dingen des Lebens“ emporzuschauen. Um dies zu tun, müssen wir uns im geistigen Sinne nach unten begeben und Bescheidenheit üben. Wenn wir unsere Ansprüche zu hoch setzen und unseren Blick nur nach oben richten, werden wir die kleinen Dinge nicht wirklich sehen können, sie werden uns verborgen bleiben. Sind wir aber demütig, erweist sich das, was auf den ersten Blick klein scheint oft als wunderbar und groß. Dann werden wir diese Kleinigkeiten als etwas Besonderes ansehen, auch in dem Wissen um unserer eigene Geringfügigkeit und Kleinheit, verglichen mit der Größe Gottes. Zum Beispiel ein kleiner Stein, eine blühende Blume oder ein Schmetterling – das alles sind auf den ersten Blick kleine Dinge, von welchen aber jedes einzelne Gottes wunderbare Schöpfung offenbaren kann. Weiterlesen

Vertrauen und Vertrautheit

“Vertrautheit bringt das Beste in uns hervor”

Diesen Satz, den  ich einmal gelesen hatte,  hat mich angesprochen und  zum Nachdenken gebracht. Vertrautheit hat mit Vertrauen zu tun. Man kann jemanden Vertrauen schenken, oder jemand schenkt uns Vertrauen. Das Wort  “schenken” weist darauf hin, dass es sich hierbei sehr oft um ein Vertrauensvorschuss handelt, z.B. wenn wir jemanden erst kennenlernen oder noch nicht sehr gut kennen. Man kann jemanden auch etwas anvertrauen. Wenn wir jemanden etwas anvertrauen, Weiterlesen

Ist es vernünftig zu glauben?

Die Welt und unser Leben sind ständigen Veränderungen auf allen Ebenen unterworfen. Was heute noch gilt kann morgen schon falsch sein. Auf was ich heute vertraue, auf was ich mich verlasse, kann morgen schon erschüttert werden. Auch uns selbst erleben wir oft als unzuverlässig. So unterliegen wir beispielsweise oftmals Stimmungsschwankungen , die uns verunsichern können oder die wir als widersprüchlich empfinden. So manches Mal müssen wir feststellen, dass wir es nicht immer schaffen uns an unsere guten Vorsätze oder unsere eigenen Vorgaben zu halten.

In jedem von uns schlummert aber sicher der Wunsch auf etwas vertrauen zu können, sich auf etwas oder jemanden verlassen zu können. Kann uns der Glaube an Gott diese Sicherheit bieten oder ist es unvernünftig zu glauben? Weiterlesen