Toleranz

Frieden sei mit euch, liebe Freunde!

Erst gestern hatten wir über das „Öffnen der Augen“ geschrieben. Es gibt zahlreiche Beispiele, wo wir unsere Augen noch verschlossen haben. So kann es zum Beispiel sein, dass wir vorgefertigte Meinungen über das Militär haben. Die Reaktionen, die Worte oder das Verhalten der Mitmenschen auf solch eine Art und Weise verstehen, so dass wir auf sie ähnlich reagieren wie im eigenen familiären Umfeld. Oder aber, dass wir in der Auseinandersetzung mit anderen Weltbildern „vor eine Wand“ treten. Etwa wenn man als traditionell eingestellter Muslim mit einem Atheisten zu tun hat. Das sind alles Beispiele, wo wir in uns fühlen können, dass wir uns verschließen.

Ein Auszug aus Michael Schmidt-Salomons Buch „Manifest des evolutionären Humanismus“ zusammen mit weiteren Gedanken soll in diesem Sinne ein Beispiel sein, das ich so Gott will in ein paar Tagen kommentiere. Die Gedanken im Text sind wahrhaftig ein guter Spiegel dafür, sofern man selbst tief verwurzelte Überzeugungen im Glauben hat, wie schwer es manchmal ist sich einem andersartigen Blickwinkel zu öffnen. Die Welt mit den Augen eines anderen zu sehen, um die eigenen Augen ein Stück weit öffnen zu lassen.

ZITAT ANFANG

Zum Thema Toleranz nur soviel: Toleranz ist kein Wert an sich. Wer die Intoleranz toleriert, verhält sich dadurch selber intolerant.
Deshalb auch meine Kritik an den Religionen, die von ihrem idealtypischen (nicht von dem aufklärerisch gezähmten) Selbstanspruch her gar nicht anders können, als sich über eine bloß menschliche Argumentationsweise zu erheben,  siehe hierzu S.52ff des Manifests:

    „Worin aber begründet sich diese verheerende Wirkung der Religionen (incl. der politischen Religionen!), deren Blutspur sich wie ein roter Faden durch die Geschichte zieht? Die Ursache liegt nicht bloß in den konkreten Eigen­arten von Religion A, B oder C begründet. Die entschei­denden Probleme finden sich bereits auf weit abstrakterer Ebene, nämlich im religiösen Zugang zur Welt an sich. Evolutionäre Humanisten erkennen in dieser Zugangsweise drei fundamentale Gefahren:


    Erstens
    : Religiöses Denken beruht notwendigerweise auf Etikettenschwindel, da es menschliche Wirklichkeitskonstruktionen mit anderen als menschlichen Gütekriterien („Gebot Gottes / der Götter oder Göttin­nen“, „Schicksal / Karma“, „Vorsehung“) versieht, was zu einem „unlauteren Wettbewerb der Gedanken“ führt. Diese Eigenart des religiösen Denkens macht aus der schönen Idee des Diskurses eine Farce, denn „herr­schaftsfreier Dialog“ hat als notwendige Voraussetzung, dass die Argumentierenden auf gleichberechtigten Dis­kussionsebenen miteinander verhandeln. Der religiöse Mensch benutzt im Gegensatz zum nichtreligiösen aber nicht nur Argumente, die in der „Welt des Menschen“ beheimatet sind (die gegeneinander abgewogen und modifiziert werden können), er verwendet Argumente, die ihrem Anspruch nach einer „höheren Ebene“ ange­hören (und deshalb durch menschliche Argumente nicht aufgehoben werden können). Durch diese pseudo­transzendentale Verstärkung seiner Argumente wird der religiöse Mensch argumentativ unangreifbar. Er steht „über den Dingen“, berichtet über „höhere Einsichten“. Konsequenz: Er überhöht sich selbst, übervorteilt und erniedrigt seine nichtreligiösen Kommunikationspartner, die in der Kommunikation nicht mit gezinkten Karten spielen.

    Zweitens: Religiöses Denken kann durch seine jensei­tige und nicht diesseitige Begründungsform jede ratio­nale, menschliche Argumentation außer Kraft setzen und damit eine nicht mehr hinterfragbare Beliebigkeit der Argumentation nach sich ziehen. Mit dem Jenseits lässt sich bekanntlich jede beliebige „Lüge im Diesseits begründen“ (Nietzsche). Schärfer formuliert: Man kann das jenseitsorientierte, religiöse Denken als ein kogni­tives Virus betrachten, das darauf ausgerichtet ist, das nach dem Prinzip der Widerspruchsfreiheit agierende, rational-logische Immunsystem der menschlichen Ver­nunft – zumindest partiell – lahm zu legen. Ist die Ver­nunft erst einmal mit dem religiösen Virus infiziert (die Infektion geschieht meist in der frühen Kindheit), so ist unter Umständen kein Mythos, keine Erzählung, kein Gedanke absurd genug, um nicht doch noch geglaubt, verbreitet und mit Waffengewalt verteidigt zu werden.

    Drittens: Der religiöse Zugang zur Welt ist gekoppelt an eine zutiefst autoritäre Denkstruktur. Als „unbedingt wahr“ gilt, was Prophet A oder B gesagt hat oder was in dem „heiligen“ (deshalb nicht kritisierbaren) Text C steht. Schon zaghafter Widerspruch gilt als Häresie und ist im höchsten Maße angstbesetzt. Hier zeigt sich viel­leicht am deutlichsten der Unterschied zum wissen­schaftlichen Denken, das gerade darauf angelegt ist, über Kritik, d. h. über stete Versuche der Falsifikation (Widerlegung) bisheriger Überzeugungen vormalige Irrtümer zu überwinden. Während in der Wissenschaft (zumindest von ihrem eigenen Anspruch her!) das Pri­mat des besseren Arguments gilt, gilt in der Religion das Primat der Macht, welche im Falle der theistischen Re­ligionen angeblich vom mächtigsten aller Herrscher, von „Gott“, an seine irdischen „Stellvertreter“ verliehen wurde.“

Wohlgemerkt: Ich behaupte keineswegs, dass alle Menschen, die sich als religiös bezeichnen, einem solchen Idealtypus folgen. In Europa (und hier insbesondere in Deutschland) ist dies in der Gegenwart eine verschwindende Minderheit. Dies muss aber nicht so bleiben, die aufklärerische Zähmung der Religion kann auch hierzulande wieder aufgehoben werden. Die Frage ist, warum sich Menschen, die dem Idealtypus der Religion (bzw. spezieller: dem Idealtypus des Christentums) nicht folgen, sich dennoch als religiös (bzw. als christlich) bezeichnen. Um dies zu erklären habe ich im Manifest den Begriff der „Traditionsblindheit“ eingeführt. Auch hierzu die entsprechende Textpassage aus dem Buch:

    „Dass die großen Religionen – trotz der Offenlegung ihrer zahlreichen Irrtümer und ihrer verheerenden ethischen Konsequenzen – bis heute überleben konnten, ist nicht zuletzt auf Traditionsblindheit zurückzuführen. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Sturheit Menschen die Irrwege und Schwächen ihrer eigenen Denktradition verdrängen können. In Bezug auf die Religionen haben sich dabei zwei grund­sätzliche, idealtypische Varianten von Traditionsblindheit herausgebildet:

    In der fundamentalistischen Variante, die für echte religiöse Gläubigkeit „ohne Wenn und Aber“ kenn­zeichnend ist, werden alle Gegenargumente der kriti­schen Vernunft rigoros ausgeblendet, ja sogar der Ver­such einer intellektuellen Beschäftigung mit ihnen kon­sequent unterbunden. (So landete selbst Kants Kritik der reinen Vernunft auf dem Index der für katholische Gläubige verbotenen Schriften).

    In der aufklärerisch gezähmten Variante, gewisser­maßen der „Light-Version“ des religiösen Glaubens, werden weltliche Argumente zwar weitgehend in das Denksystem integriert, allerdings wird der radikale Ge­gensatz zwischen weltlichem und religiösem Denken mittels intellektuell unredlicher Umdeutungen der tra­ditionellen Glaubenssätze kaschiert. Echte Virtuosen der intellektuellen Unredlichkeit beherrschen dabei so­gar das Kunststück, selbst das offensichtlich Inhumane derart zu umwolken, dass es in seiner eigentlichen, sei­ner menschenfresserischen Substanz kaum noch zu er­kennen ist: Da wird aus Unsinn plötzlich Sinn, aus Leid plötzlich Freude, da verklärt sich das Verbrechen zur Heldentat und das Joch zum Siegessymbol.

    In Deutschland herrscht seit Jahrzehnten, ausgelöst auch durch die katastrophalen Erfahrungen des Zweiten Welt­kriegs, in den beide Großkonfessionen „mit Gott und dem Führer“ zogen, jene aufklärerisch gezähmte Form der Tra­ditionsblindheit („Religion light“) vor. Die meisten „Chris­ten“ hierzulande haben auf vielen Gebieten den Erkenntnis­fortschritten der letzten Jahrhunderte Tribut gezollt. Sie glauben nicht mehr an Adam und Eva, nicht mehr an Hölle und Teufel, nicht mehr an ein ewiges Flammenmeer, in dem die überwiegende Mehrheit der Menschen postmortal gebraten wird, nicht mehr an Dämonen, die Menschen befallen können, häufig sogar nicht mehr daran, dass eine historische Person Jesus von Nazareth existiert hat, ge­schweige denn: dass sie von den Toten auferstanden ist.

    Seltsamerweise hält dieser reale „Unglaube“ viele Men­schen nicht davon ab, sich als „Christen“ zu bezeichnen. Den meisten von ihnen scheint nicht einmal aufzufallen, dass die „Erlösungstat“ des Messias ohne Voraussetzung von Hölle und Teufel in etwa so sinnvoll ist wie ein Elf­meterschießen ohne gegnerische Mannschaft. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die Menschen in religiösen Dingen jegliches Gefühl für intellektuelle Redlichkeit verloren haben, da sie von einer „Theologie der Leerformeln“ ge­prägt wurden, die sie darauf trainiert hat, sprachlich noch den Kontakt zu einer Tradition aufrechtzuerhalten, deren Boden sie inhaltlich längst schon verlassen haben. Das daraus resultierende „Weichfilter-Christentum“ ist vor allem deshalb problematisch, weil es den Blick dafür trübt, was Christentum (aber auch jede andere institutionalisierte Offenbarungsreligion) über viele Jahrhunderte bedeutet hat und was es auch heute noch in seinen reinen, fundamenta­listischen, aufklärerisch nicht gezähmten Varianten in wei­ten Teilen der Welt bedeutet.“

Ich habe bislang keine einsichtigen Argumente gehört, die das hier Ausgesprochene widerlegen würden. Natürlich hätte man das Ganze „netter“, „unverbindlicher“, d.h. unklarer (!!) formulieren können. Aber das war nicht das Ziel, das ich mir gesetzt habe. Ich wollte „Klartext“ reden – auch wenn dies dem einen oder anderen Weichfilter-Christen (der – ohen es eingestehen zu wollen – bloß ein getarnter Humanist ist) nicht gefallen mag. Aber es wird sicherlich Leute geben, die das von mir (und anderen) so ungefiltert Gesagte soweit verwässern werden, dass es für größere Bevölkerungsgruppen erträglich wird. Hierin sehe ich aber nicht meine genuine Aufgabe. Ich versuche, radikal zu denken, d.h. an die Wurzeln vorzustoßen. Dass das hierraus entstehende Gebräu so manchem allzu bitter schmeckt – damit muss ich leben… Allerdings: „Christentumshass“ sollte man mir nicht unterstellen. Ich hasse das Christentum nicht, habe persönlich auch gar keine üblen Erfahrungen mit ihm gemacht. Wahr aber ist: Ich halte das Christentum  (wie viele andere Ideologien auch) für ungeeignet, vernünftige Maßstäbe zu liefern für unser Zusammenleben im 21. Jahrhundert. Es ist (noch einmal: wie viele andere Ideologien auch!) logisch und empirisch widerlegt. Wir sollten daher, so hoffe ich,  irgendwann einmal in der Lage sein, die Idee des Christentums sterben zu lassen, bevor wieder (wie in der Vergangenheit) unzählige Menschen für diese Idee sterben müssen.

ZITAT ENDE

Falls Sie ein gläubiger Mensch sein sollten, so lassen Sie diesen Text ein paar Tage auf sich wirken. Beobachten Sie sich selbst: wie reagieren Sie auf das Geschriebene?

Welche Überzeugungen in Ihnen werden von Salomons Gedanken „angegriffen“?
Welche Teile können Sie, wenn überhaupt, ohne große Mühe akzeptieren?
Wie viele Gedanken von Salomon haben Sie wirklich verstanden, falls Sie seine Gedanken bereits ablehnen wollen?

Haben Sie sich Zeit genommen, ihn zu verstehen – so wie Sie sich bei einem guten Freund die Zeit nehmen?

Gutes Beobachten und eine gute Reise in die Selbstfindung wünsche ich!

5 Gedanken zu “Toleranz

  1. Ich habe mir Salomons Gedanken zu Gemüte geführt und habe den Text auf mich wirken lassen. Folgendes ist mir aufgefallen:

    Sein Argument mit den Religionskriegen ist sehr kurz gedacht. Ja, es gab und gibt immer auch Kriege, die religiös begründet werden, das ist richtig. Aber mindestens ebenso viele Kriege und Konflikte, die stattgefunden haben und stattfinden haben andere Gründe, wie z.B. wirtschaftliche und politische, traditionelle, soziale, ideologische oder sind Grenzkonflikte. ER hinterlässt in seinem Text den Eindruck, als ob Religion zwangsläufig zu blutigen Auseinandersetzungen führt.

    Zu Erstens:
    ich sehe nicht warum religiöses denken „notwendigerweise“ auf Ettikettenschwindel beruhen sollte und was bedeutet „unlauterer Wettbewerb der Gedanken? Wenn jemand sein Schickasl oder unerklärliche Begebenheiten mit Zufall erklärt ist das auch nichts anders, als wenn es ein religiöser Mensch mit einer höheren Macht erklärt.

    Zu Zweitens:
    er schreibt: „…so ist unter Umständen kein Mythos, keine Erzählung, kein Gedanke absurd genug, um nicht doch noch geglaubt, verbreitet und mit Waffengewalt verteidigt zu werden.“
    Das kann ich so nicht sehen Dass es bei Einzelnen oder manchen Gruppen so sein kann oder ist, das möchte ich gar nicht bestreiten, aber das hat mit der Religion selbst meist gar nichts zu tun sondern mit persönlichen Weltanschauungen, die diese Personen mit der Religion vermischen. Wie ich anfangs schrieb – es gibt viele Gründe für Konflikte und Kriege. Religion ist nur einer von vielen

    zu Drittens:
    auch ein religiöser Mensch hat die Freiheit zu denken und Dinge anders zu verstehen.

    Er schreibt weiter: „Wohlgemerkt: Ich behaupte keineswegs, dass alle Menschen, die sich als religiös bezeichnen, einem solchen Idealtypus folgen.“
    Was soll denn solch ein „Idealtypus“ sein? Gibt es den überhaupt und wenn ja, wer bestimmt was der Idealtypus ist?

    Zur „Traditionsblindheit“, und seine Beispielen aus dem Christentum:
    Einerseits bemängelt Salomon, dass religiöse Menschen blind folgen, andrerseits bemängelt er dann bei manchen eine „Traditionsblindheit“ wenn sie sich eigene Gedanken machen oder manchen Glaubensaussagen innerhalb des Christentums nicht folgen.

    Salomon: „Ich hasse das Christentum nicht, habe persönlich auch gar keine üblen Erfahrungen mit ihm gemacht. Wahr aber ist: Ich halte das Christentum  (wie viele andere Ideologien auch) für ungeeignet, vernünftige Maßstäbe zu liefern für unser Zusammenleben im 21. Jahrhundert. „

    Er hat keine üblen Erfahrungen gemacht und trotzdem möchte er es abschaffen, weil es SEINER Meinung nach ungeeignet ist, vernünftige Maßstäbe zu liefern für das Zusammenleben im 21. Jahrhundert.
    Was ist mit all den anderen Ideologien, die das auch nicht tun? Und wer entscheidet ob es wirklich so ist? Alles abschaffen? wo bleibt dann die Gedankenfreiheit?

    Insgesamt hat Salomon sehr allgemein und ohne wirklichen Inhalt geschrieben. Er baut auf einigen wenigen Argumenten auf ohne wirklich in die Tiefe zu gehen und genau hinzuschauen.
    Desweitern muss ich zugeben, dass manche seiner Sätze sehr kompliziert geschrieben sind, mit viele Fremdwörten und sehr verschachtelt, so dass ich auch bei mehrmaligen Lesen nicht wirklich verstanden habe, was er eigentlich genau aussagen möchte. Mir ist dann beim Lesen ein Zitat von Jean Cocteau in den Sinn gekommen: „Stil ist die Fähigkeit, kompliziertere Dinge einfach zu sagen – nicht umgekehrt.“

  2. Liebe Kerstin,

    Hast du dir Zeit genommen, den Autor zu verstehen? So wie du dir bei einem guten Freund die Zeit nimmst? So wie es Kerem Adıgüzel seinen Lesern rät? 😉

    „Sein Argument mit den Religionskriegen ist sehr kurz gedacht.“
    Darin finde ich schon mehrere Fehler.
    Erstens: Was für Argument mit den Religionskriegen? Das Wort „Krieg“ kommt kein einziges Mal vor, bloß bei dir viermal. Und argumentiert wird mit der tatsächlich erwähnten Blutspur auch nicht, sie wird bloß erwähnt – ein deutlicher Unterschied.
    Zweitens: Zu kurz gedacht? Du bringst es doch selbst (ungewollt?) auf den Punkt: Kriege haben zumeist andere Gründe, werden aber von den Kriegstreibern (politisch-)religiös begründet! (Siehe altes Testament, die Kreuzzüge, die politischen Religionen Nationalsozialismus und Staatssozialismus, Dschihad (in seiner militärischen Bedeutung), Bushs Krieg gegen den Terror, u.v.m. …)

    „Ich sehe nicht warum religiöses denken ’notwendigerweise‘ auf Etikettenschwindel beruhen sollte und was bedeutet ‚unlauterer Wettbewerb der Gedanken‘?“
    Etikettenschwindel: Von Menschen gemacht und „von Gott“ draufgeschrieben. 😉
    Unlauter: „jedes täuschende […] Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst“. Direkte Folge des Etikettenschwindels. Etwas klarer?

    „Wenn jemand sein Schickasl oder unerklärliche Begebenheiten mit Zufall erklärt ist das auch nichts anders, als wenn es ein religiöser Mensch mit einer höheren Macht erklärt.“
    Öhm, nein? Ganz und gar nicht? Zufall ist keine personale höhere Macht und höheren Mächten haftet für gewöhnlich nichts Zufälliges an.

    Was ist denn die „Religion selbst“, von der du unter Zweitens schreibst? Eine Religion losgelöst von Menschen? Wie soll ich mir das vorstellen?
    Außerdem geht es in dem Abschnitt ja um religiöses Denken, nicht um Religionen. Vielleicht ist dir der Begriff nicht klar genug. Es geht primär um die Form, nicht um den Inhalt des Denkens (oder Glaubens). Zum besseren Verständnis ein Beispiel: Auch gewisse Atheisten denken/argumentieren religiös. Sie lehnen den Glauben an einen Gott nicht aus selbständigem Denken ab, sondern weil sie einer Tradition und/oder einer Autorität folgen. Besonders auch, aber nicht nur, in der Politik zu beobachten.

    „Auch ein religiöser Mensch hat die Freiheit zu denken und Dinge anders zu verstehen.“
    Zum Glück, sonst wäre Michael auf verlorenem Posten. 😉

    „Was soll denn solch ein „Idealtypus“ sein? Gibt es den überhaupt und wenn ja, wer bestimmt was der Idealtypus ist?“
    Na eben der, den er da beschreibt, was sonst? Wohlgemerkt, der Typus, den er BEschreibt („so sieht der Typus aus, über den ich spreche“), nicht VORschreibt („so soll der Typus aussehen“). ‚Ideal‘ hier im Sinne von ‚mustergültig‘, nicht irgendwie wertend.

    „Einerseits bemängelt Salomon, dass religiöse Menschen blind folgen, andrerseits bemängelt er dann bei manchen eine „Traditionsblindheit“ wenn sie sich eigene Gedanken machen oder manchen Glaubensaussagen innerhalb des Christentums nicht folgen.“
    Es ist ja von zwei Varianten die Rede (sogar kursiv gedruckt). 😉 Die einen folgen blind der Tradition, dass Religionen als wahr angesehen werden, die anderen der, dass Religionen als harmlos angesehen werden. Vereinfacht ausgedrückt. Aber besser, du liest den Abschnitt noch einmal genau.
    Und „sich eigene Gedanken machen oder manchen Glaubensaussagen innerhalb des Christentums nicht folgen“ ist eine sehr optimistisch-euphemistische Auslegung des Bemängelten. 😉

    „und trotzdem möchte er es abschaffen“
    Nein, „Ideen sterben lassen“ (und nur davon ist die Rede) ist nicht dasselbe, wie sie zu töten, also sie abzuschaffen. (Das Wort „abschaffen“ hast wiederum du ins Spiel gebracht.) Euthanasie ist schließlich auch nicht dasselbe wie Mord. Evolutionäre Humanisten bekennen sich zu den Menschenrechten und zu denen gehören selbstverständlich die Religions- und die Meinungsfreiheit.
    Religionskritik ist nicht gleich Religionsfeindlichkeit. Wie oben angeschnitten (das Beispiel vom „religiösen Atheist“) ist Religionsfeindlichkeit oft selbst religiös-borniert begründet.

    „Er baut auf einigen wenigen Argumenten auf ohne wirklich in die Tiefe zu gehen und genau hinzuschauen.“
    Die ist freilich nur ein Auszug. Wie viel Tiefe kannst du in einer solchen Zusammenfassung erwarten? Ich nehme nicht an, dass du das ganze Buch oder wenigstens andere Teile davon gelesen hast, oder?

    „mit viele Fremdwörten“
    Du meinst wahrscheinlich „mit vielen Fachausdrücken“. Im Alltag verwendest du wohl ebenso viele Fremdwörter, nur nicht ganz so viele Fachausdrücke. Die sind bei den durchaus komplizierten Sachverhalten allerdings unvermeidlich, wenn man einigermaßen prägnant bleiben möchte. Dass die vermittelnden Ideen nicht einfach sind, erweist sich nicht zuletzt darin, wie häufig du etwas missverstehst. Das ist nicht weiter wild. Nur schade, dass du beim kleinsten Missverständnis gleich das Negativste hereinliest.
    Denn schließlich argumentierst du kritisch-rational und nicht religiös, bist also nicht immun gegen neue Ideen. 🙂 Allerdings scheinst du auch noch etwas geblendet von den gezähmten Weichfilter-Religionen, die den Blick auf die realen Probleme ausgewachsener religiöser Traditionen verstellt: Schwulenhass, Frauenfeindlichkeit, Misshandlung und Missachtung von Tieren, Abtreibungsverbot, Genitalverstümmelung, Indroktrinierung, Kirchensteuer, Steinigung, Hexenverbrennung und andere Todesstrafen, Exorzismus,…

    Also: Auf Kerem Adıgüzel hören und nicht gleich alles möglichst feindselig auslegen. 😉 Was hast du zu verlieren? Nichts von Belang. Was hast du zu gewinnen? Einsichten und Freunde. 🙂 Ist es das wert?

    • Hallo liebe Agathe,

      zunächst mal danke für deine Antwort zu meinem Kommentar 🙂

      Hast du dir Zeit genommen, den Autor zu verstehen? So wie du dir bei einem guten Freund die Zeit nimmst? So wie es Kerem Adıgüzel seinen Lesern rät?

      Ja, das habe ich. Ich hatte es ja auch in meiner Einleitung erwähnt

      Erstens: Was für Argument mit den Religionskriegen? Das Wort “Krieg” kommt kein einziges Mal vor, bloß bei dir viermal. Und argumentiert wird mit der tatsächlich erwähnten Blutspur auch nicht, sie wird bloß erwähnt – ein deutlicher Unterschied.

      Da muss ich dir Recht geben, er hat Krieg hier nicht wörtlich erwähnt. Ich habe es geschlossen aus dem Wort „Blutspur“ und auch aus Diskussionen die ich von ihm schon im Fernsehen schon verfolgt habe, wo er diese erwähnte. Aber es ist richtig, dass das Wort hier in diesem Textausschnitt nicht steht.

      Zweitens: Zu kurz gedacht? Du bringst es doch selbst (ungewollt?) auf den Punkt: Kriege haben zumeist andere Gründe, werden aber von den Kriegstreibern (politisch-)religiös begründet! (Siehe altes Testament, die Kreuzzüge, die politischen Religionen Nationalsozialismus und Staatssozialismus, Dschihad (in seiner militärischen Bedeutung), Bushs Krieg gegen den Terror, u.v.m. …)

      Nein, das habe ich so nicht geschrieben, sondern „ es gab und gibt immer auch Kriege, die religiös begründet werden, das ist richtig. Aber mindestens ebenso viele Kriege und Konflikte, die stattgefunden haben und stattfinden haben andere Gründe, wie z.B. wirtschaftliche und politische, traditionelle, soziale, ideologische oder sind Grenzkonflikte.
      Ich schrieb also: ja, es gab und gibt religiöse begründete Kriege aber mindestens eben soviel Konflikte die ganz andere Gründe haben

      Wenn ich politisch schreibe meine ich auch nur politisch, nicht religiös-politisch. Nationalsolzialismus hat nichts mit Religion zu tun, Staatssozialismus auch nicht. Die blutige Spur, die Stalin hinterlassen hat, hatte auch nichts mit Religion zu tun. Auch der Nordirland-Konflikt hat nichts mit der Religion zu tun, wenn es auf den ersten Blick auch so aussehen mag. Es ist einzig Konflikt zwischen einem besetzten Land und seinen Besatzern (die beide zufällig unterschiedliche Religionszugehörigkeit haben). Kriege und Konflikte zwischen Japan und China usw. sind auch nicht religiös begründet. Dies sind nur einige wenige Beispiele von vielen Auseinandersetzungen, in welchen die Religion überhaupt keine Rolle spielt. Menschen finden immer Gründe für Kriege und Konflikte. Ich persönlich denke sogar, selbst die „echten“ Religionskriegen hätten auch unter anderen Gründen stattgefunden, da auch hier noch andere Interessen dahinter standen.

      Etikettenschwindel: Von Menschen gemacht und “von Gott” draufgeschrieben.

      Das ist Ansichtssache und sehr verallgemeinert, ohne irgendeinem konkreten Beispiel

      Unlauter: “jedes täuschende […] Verhalten oder Geschäftsgebaren, welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst”. Direkte Folge des Etikettenschwindels. Etwas klarer?

      Danke für die Erklärung, aber ich weiß was unlauter bedeutet. Richtiger finde ich es trotzdem nicht.

      Öhm, nein? Ganz und gar nicht? Zufall ist keine personale höhere Macht und höheren Mächten haftet für gewöhnlich nichts Zufälliges an.

      Macht es eine Unterschied ob Zufall oder höhere Macht? Lässt sich Zufall beweisen? Wie lässt sich gegen Zufall argumentieren? Zufall ist in diesem Sinne auch nicht in „der Welt der Menschen beheimatet“

      Was ist denn die “Religion selbst”, von der du unter Zweitens schreibst? Eine Religion losgelöst von Menschen? Wie soll ich mir das vorstellen?

      Ja, in etwa. Beispiel: Religion ist das Auto, die Fahrer sind die Gläubigen. Kann das Auto etwas dafür, wenn der Fahrer damit eine Unfall baut, weil er falsch gefahren ist?

      Außerdem geht es in dem Abschnitt ja um religiöses Denken, nicht um Religionen.

      Das ist richtig 🙂

      Vielleicht ist dir der Begriff nicht klar genug. Es geht primär um die Form, nicht um den Inhalt des Denkens (oder Glaubens). Zum besseren Verständnis ein Beispiel: Auch gewisse Atheisten denken/argumentieren religiös. Sie lehnen den Glauben an einen Gott nicht aus selbständigem Denken ab, sondern weil sie einer Tradition und/oder einer Autorität folgen. Besonders auch, aber nicht nur, in der Politik zu beobachten.

      Sicher mag es Menschen geben die welcher Sichtweise auch immer aus Tradition folgen und nicht aus selbständigen Denken. Aber darf man das dann als Argument gegen eine ganze Gruppe verwenden?

      “Was soll denn solch ein „Idealtypus“ sein? Gibt es den überhaupt und wenn ja, wer bestimmt was der Idealtypus ist?”

      Na eben der, den er da beschreibt, was sonst? Wohlgemerkt, der Typus, den er BEschreibt (“so sieht der Typus aus, über den ich spreche”), nicht VORschreibt (“so soll der Typus aussehen”). ‘Ideal’ hier im Sinne von ‘mustergültig’, nicht irgendwie wertend.

      Mich stört das Wort IDEAltypus, denn wer bestimmt denn wie so ein Idealtypus aussieht? Er beschreibt lediglich den Idealtypus nach seinem Verständnis, seiner Meinung.

      Und “sich eigene Gedanken machen oder manchen Glaubensaussagen innerhalb des Christentums nicht folgen” ist eine sehr optimistisch-euphemistische Auslegung des Bemängelten.

      Ich sehe das nicht so, aber das ist halt Meinungssache.
      Es gibt ja auch nicht DAS Christentum

      “und trotzdem möchte er es abschaffen”
      Nein, “Ideen sterben lassen” (und nur davon ist die Rede) ist nicht dasselbe, wie sie zu töten, also sie abzuschaffen. (Das Wort “abschaffen” hast wiederum du ins Spiel gebracht.) Euthanasie ist schließlich auch nicht dasselbe wie Mord.

      Das sind Wortspielereien. Wenn ich eine Idee sterben lassen will, ist das das gleiche als wenn ich sie abschaffen will. Beides mal will ich, dass sie nicht mehr existiert. Das Beispiel hinkt meiner Meinung nach auch ein wenig, denn die Grenzen zwischen Euthanasie und Mord könne durchaus schwimmend sein. Im 3. Reich z.B. gab es auch „Euthanasie“, es war aber ein versteckter Mord.

      Evolutionäre Humanisten bekennen sich zu den Menschenrechten und zu denen gehören selbstverständlich die Religions- und die Meinungsfreiheit.
      Religionskritik ist nicht gleich Religionsfeindlichkeit. Wie oben angeschnitten (das Beispiel vom “religiösen Atheist”) ist Religionsfeindlichkeit oft selbst religiös-borniert begründet.

      Ja das glaube ich gerne, ich habe ja auch nichts gegen Humanisten. Manche evangelikalen Christen z.B. haben mir sogar schon „vorgeworfen“ ich sei Humanistin, weil ich gewisse Dinge anders verstehe ( und das nicht aus „Traditionsblindheit“, sondern aus der Schrift heraus) .
      Aber gerade wegen Religions- und Meinungsfreiheit wundere ich mich, warum er dann eine Idee „sterben lassen“ will, also hier in dem Beispiel das Christentum?

      Die ist freilich nur ein Auszug. Wie viel Tiefe kannst du in einer solchen Zusammenfassung erwarten? Ich nehme nicht an, dass du das ganze Buch oder wenigstens andere Teile davon gelesen hast, oder?

      Ich sollte den Text beurteilen nicht das ganze Buch. Und in diesem Textteil empfinde ich persönliches vieles als oberflächlich betrachtet.

      Du meinst wahrscheinlich “mit vielen Fachausdrücken”. Im Alltag verwendest du wohl ebenso viele Fremdwörter, nur nicht ganz so viele Fachausdrücke. Die sind bei den durchaus komplizierten Sachverhalten allerdings unvermeidlich, wenn man einigermaßen prägnant bleiben möchte.

      Fachbegriffe und Fremdworte. Ich zumindest habe schon gute Reden gehört die auch komplizierte Dinge und Fachbegriffe einfach und für alle verständlich darstellen können. Sicher kann man nicht immer auf alle Fachbegriffe verzichten, aber Fremdworte wie z.B. „Primat der Macht „ oder „modifiziert“ usw. lassen sich durchaus in anderen Worten sagen. Einen guten Redner zeichnet es auch Kompliziertes einfach zu sagen: Die Menschen wollen nicht ständig in einem Fremdwörterbuch oder Lexikon nachschlagen müssen wenn sie einen Text lesen. Ich habe Abitur und drei Fremdsprachen gelernt, eine davon war Latein. Ich bin also nicht bildungsfern und trotzdem habe ich manche seiner Sätze mehrmals lesen müssen um zu verstehen was sie aussagen sollen.

      Dass die vermittelnden Ideen nicht einfach sind, erweist sich nicht zuletzt darin, wie häufig du etwas missverstehst. Das ist nicht weiter wild. Nur schade, dass du beim kleinsten Missverständnis gleich das Negativste hereinliest.

      Mache ich das? Ich lese nichts Negatives hinein, oder ist es negativ eine andere Meinung über gewisse Dinge zu vertreten?

      Denn schließlich argumentierst du kritisch-rational und nicht religiös, bist also nicht immun gegen neue Ideen.

      Richtig, ich stehe allem zunächst mal offen gegenüber. Das kannst du ja auch erkennen in unserem letzten Artikel „Öffnen der Augen“, den Kerem und ich zusammen erstellt haben

      Allerdings scheinst du auch noch etwas geblendet von den gezähmten Weichfilter-Religionen, die den Blick auf die realen Probleme ausgewachsener religiöser Traditionen verstellt: Schwulenhass, Frauenfeindlichkeit, Misshandlung und Missachtung von Tieren, Abtreibungsverbot, Genitalverstümmelung, Indroktrinierung, Kirchensteuer, Steinigung, Hexenverbrennung und andere Todesstrafen, Exorzismus,…

      Ganz sicher nicht 😉

      Also: Auf Kerem Adıgüzel hören und nicht gleich alles möglichst feindselig auslegen.

      Habe ich das? Ich betrachte es nicht als feindselig eine andere Meinung zu haben und guten Argumenten stehe ich immer offen gegenüber und lasse mich überzeugen. Ich habe in meinem Leben schon öfter meine Meinung korrigiert, wenn es gute und für mich nachvollziehbare Argumente gab.

      Was hast du zu verlieren? Nichts von Belang.

      Richtig. Ich verteidige in diesem Sinne auch nichts.

      Was hast du zu gewinnen? Einsichten und Freunde. Ist es das wert?

      Beides habe ich Gott sei Dank. Wie gesagt, guten und nachvollziehbaren Argumenten gegenüber bin ich immer offen und ändere dann durchaus auch meine Sichtweise. Der Text hatte mich eben nicht überzeugt. Du kannst es so sehen, dass ich mich verschließe, dem ist aber nicht so.

      Herzliche Grüße
      Kerstin

  3. Also ich empfinde diese Diskussion sehr ermüdent. Ich bin Christin und bin begeistert von unserem Religionsgründer Jesus Christus. Das was die Evangelisten von und über ihn berichten hilft den Menschen sehr im Hinblick auf ein gutes und friedliches Zusammenleben. Leider folgen wir Menschen nur mangelhaft dem Weg den Jesus uns vorgezeichnet hat. Auch wenn ich diesen Weg, wie ich mich einschätze. nur mangelhaft gehen kann, glaube ich an das Heil in Gott, denn Jesus hat uns von unseren Sünden erlöst. Aus Dankbarkeit und Liebe versuche ich ein wenig besser als mangelhaft zu sein.

    Gisela

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